Hello change!

 Orbicularis Oculi.
Der Ringmuskel um unsere Augen.

Ich habe ein Interview mit der Philosophin Rebekka Reinhard gelesen, die dasselbe Hobby hat, wie auch ich: Worte sammleln.

Federn sammle ich auch. Keine Ahnung ob Frau Reinhard dies ebenso tut. Über Diverses würde ich gern einmal mit ihr sprechen.

Der Ringmuskel, der so schön in meinem Kopf klingt, als Ohrwurm, ist verbunden mit unseren Gesichtsmuskeln, die ihrerseits mit dem 10. Hirnnerv, Nervus Vagus, verbunden sind. Er, der mäandernde größte unserer Hirnnerven wandert also von seinem Eintritt in den Körper aus dem zentralen Nervensystem (dem Gehirn und Rückenmark)/dem Hirnstamm genauer, bis hinab in unsere Eingeweide.

Orbicularis Oculi spüre ich, wenn ich meine Augen angestrengt weite, weil ich erschrecke oder genervt bin. Oder herzhaft auch mit den Augen lache, weil mein Kind die besten Witze macht.

Nervus Vagus ist es, der reagiert und den Zustand ändert – Aktivität, um reagieren zu können ist gefragt?

Let´s go. Herzschlag on, mehr schneller Atem und kommt, kommt, ihr großen Muskelgruppen – seid bereit für den Kampf oder die Flucht.

Ich bin, eventuell verrate ich mich mit diesem Text, fasziniert vom menschlichen Körper. Und davon, dass wir in der Tat eine Handhabe haben, darin, wie wir in diesem Körper unsere Zeit verbringen. Denn es gibt diesen anderen Ort des Sammelns – den Werkzeugkasten, wie ich ihn nenne. Und natürlich würde eine Malerin in ihren wahrscheinlich keinen Tischlerhammer tun. So – was also braucht es in deinem, in meinem Werkzeugkasten, der dafür steht, bewusst zu gestalten? Wie verändert sich das eigene Leben und verlangt dann, dass wir aussortieren an Ritualen, Verbindungen, Werkzeugen, die wir einmal heilig hielten und nun nicht mehr benötigen? Welches Werkzeug wurde noch nicht erfunden, aber wir benötigen es? Was brauchen wir dazu?

Meine Sammelfreude der Worte, die mir auch Werkzeug sind, macht, dass ich bemerke, wenn ich meinen Augenringmuskel aktiviere. Denn das Wissen um seine Existenz hat gemacht, dass ich hinspüre. Natürlich nicht immer, denn sonst würde jedes Blinzeln mich ja rausreißen. Aber ich bemerke immer öfter, wenn ich, aus Gewohnheit, aus Irritation, aus Gereiztheit, ODER AUS FREUDE, den imaginären Brief losschicke, den mein peripheres Nervensystem sofortigst liest. Nun gut, Brief ist eventuell nicht treffend, nicht einmal WhatsApp-Nachricht wäre es. Wie schnell registriert unser Nervus Vagus einen Hinweis auf unsere Situation in unserem Jetzt und reagiert? Ich müsste das googlen, ich habe keine Zeitangabe. Sekunden sagt Google. Ich hätte gedacht schneller. Denn, probier aus, was passiert, wenn du an ein warmes Bad denkst? Falls du das als eine adäquate Entspannungstechnik erachtest. Oder an einen Menschen, den du richtig unangenehm findest. Allein der Vorsatz des Gedankens, der Gedanke vor dem Gedanken, verändert den Zustand der Atmung, der Körperspannung, des hormonellen Haushalts, der Amygdala (unser inneres Alarmsystem), des Nervus Vagus. Wenn also Gedanken an Gedanken schon unser Jetzt-Empfindne ändern – wie in aller Hergöttinnen-Namen können wir dann rechtfertigen, was wir den kompletten Tag erlauben uns zu beeinflussen? Instagram, Spiegel Online, Werbung, grummelige Nörgler, Sorgen in Dauerschleife und vieles mehr?

Dies hier ist garüberhaupt kein Aufruf zu irgendwas, außer du persönlich machst es dazu, weil du den Eindruck bekommst (meine Intention), dass du so viel mehr Möglichkeit hast, deine Realität zu gestalten. Es ist ein Nachdenken und dich dazu einladen, zu überlegen, wie bewusst wir uns unserer Möglichkeit der Gestaltung der eigenen Lebensqualität (im Sinne von dem Erleben des Lebens) sind. Oder auch nicht.

Ich mag das Konzept der Zustände von Gegenwärtigkeit und Flucht aus dieser, die Eckhart Tolle in seinem Buch Jetzt! beschreibt. Das Konzept an sich ist eines meiner Werkzeuge. Er teilt Zeit in: Die organisatorische Zeit, die wertende, emotionale und das Erleben des Moments. Im Yoga visieren wir Letzteres an. Bei der Gartenarbeit, dem Spaziergang, dem Genuss können sie ebenso geschehen, wie bei vielen anderen Tätigkeit und dem Stillsein im Nichts-Tun.

Ich frage mich:
Was tut mein Ringmuskel warum? Und ist das, wie ich wähle zu sein?
Also zum Beispiel: bin ich ein ängstlicher Mensch, mit einer Geschichte, die zu angespannt-Sein und Angst führte? Will ich dieser Zustand sein? Und wenn nicht, welche Werkzeuge können helfen, wie hingebungsvoll kann ich da immer wieder hinschauen?
Im November startet mein neuer Kurs, der sich mit vielen Schichten des Nervensystems auseinandersetzt.

Falls du Lust hast, mitzumachen, findest du alle Infos auf 

Kundalini Yoga.

Es hilft, Detektivgeschichten zu mögen, denn es Bedarf einer Lust am Ergründen. Ich habe, aus Freude, ein bisschen über eine Detektivin geschrieben, während Corona. Eine, die ohne erhaben/clever/erfolgreich sein zu wollen, einfach freudvoll lebendig, gern forscht. Vielleicht kann sie uns anstupsen und erinnern, immer mal wieder, dass wir unser Orbicularis Oculi sind und unheimlich viel mehr Macht über unserer Zustände haben, als wir uns oft zugestehen.

Bald mehr. Julia

11.10.23

Darüber, dass es tatsächlich gelingen kann, den optischen Input so zu gestalten, dass das was einmal die Norm war, nun absurd erscheint. Oh und über einen neuen more than beauty standard:
Neuroplastizität als unsichtbares, nicht-zu-fassendes Instrument und unheimlich attraktives Ziel (von mir persönlich jetzt), anstelle dieses Bikini Body/Vorher-Nachher-Schwachsinns.

Jetzt ist natürlich auch Herbst in Mitteleuropa, da gibt es nicht mehr so viel Bikini-Fotos auf Werbewänden. Aber, was mir passiert ist:

Ich schau mir ganz bewusst und schon eine Weile keine Frauenzeitschriften/Werbung/Insta-Profile mehr an von Menschen, die perfekt sein sollen (ob photoshoppiert oder nicht), sondern von Personen, die mir ein gutes Gefühl geben, mich fordern (geistig), inspirieren oder Ähnliches.

Nun sah ich vor ein paar Wochen eine große Litfasssäule mit Bikini-Perfektion und dachte doch tatsächlich-wirklich-ehrlich, dass das doch eigentlich nicht mehr erlaubt sein kann. Also einen Moment lang, war ich der Ansicht, die Welt (obwohl es ja nur meine Sicht auf die Körperlichkeit von Frauen vor allem war, die ich durch den Input, den ich konsumiert hatte, geändert hatte), habe sich dahingehend geändert. Leider hat sie das nicht. Aber: Ich habe mich verändert. Etwas, was ich generell sehr begrüße – Wachstum und:

die Möglichkeit unserer Gehirns, neu/um/überdenken zu lernen (nennt sich Neuroplastizität). Und das war geschehen.
Bin ich doch mit dem Bild von Frauen aufgewachsen, die durch ihre Körperlichkeit Wert zugesprochen bekamen. Choosable zu sein, schien ein, DAS Ziel zu sein, wie Tracee Ellis Ross in einem meiner Lieblingspodcasts We can do hard things (Folge 167, How to make peace in your own head), es formulierte. Hätte ich mit 20 dieses Poster gesehen, oder auch mit 30, ich hätte mich sogleich geschämt, nicht so auszusehen. Habe ich oft. Und auf einmal war dies nicht der Gedanke, sondern ein: Ehrlich jetzt? Ein: Krass, darf man solch unrealistische Poster noch herstellen, ja? Ich habe nicht mehr diese Frau mit mir verglichen.
Carolyn Cowan, die wunderbare Therapeutin und Kundalini Global Gründerin nennt die allzu menschliche Gewohnheit des Vergleichens: Compare and Despair. Also ein Vergleichen und dann entweder sich oder die andere Person Bewerten/ also Ab- oder Aufwerten und folgendes Verzweifeln.

Meine gedankliche, instantane Reaktion auf dieses ganz normale Bikini-Foto beschäftigt mich. I am hooked, sagt man auf Englisch, nicht wahr? Ich bin auf den Geschmack gekommen. Ich kann mit dem, was ich bewusst anschaue, in meinen Kopf tue und betrachte, verändern, wie ich etwas und mich betrachte. Ich finde das eine überaus attraktive Vorstellung. Eine, die mich weitaus mehr reizt, als irgendwie auszusehen in Badebekleidung.

Bald mehr. Julia
4. Oktober 2023